Wegbeschreibung
Peter Heck
Hinweise für Betroffene
Sucht, was ist das ?
Mehrfach-Sucht
Wie Alkohol wirkt
Ärztlicher Umgang mit Alkoholkranken
Der Hausbesuch
Die Gruppe
Die Entgiftung
Ambulante Therapie
Stationäre Therapie
Stationärer Rückfall - Ende der Therapie ?
Psychopharmaka und Arbeitssicherheit
Arbeitslosigkeit und Suchtgefährdung
Alkoholgefährdung /–abhängigkeit im Betrieb

Die ärztliche Begegnung mit dem Alkoholkranken unterscheidet sich in verschiedener Hinsicht von der gewohnten Arzt- Patienten- Situation, unabhängig davon, ob es sich um einen Erstkontakt oder um wiederholte Kontakte handelt.
"Es liegt im Wesen von Missbrauch und Sucht, dass sich Arzt und Patient gegenseitig aus dem Weg gehen".
Die Ursachen liegen wohl auf beiden Seiten. Der Patient neigt in der Regel dazu, seinen Alkoholmissbrauch zu verleugnen oder zumindest zu verharmlosen; er lässt es oft an der vom Arzt erwarteten Mitarbeit d. h. („Compliance“) fehlen. Beim Arzt (wie auch beim Therapeuten anderer Disziplinen, z.B. Psychologen) besteht, hauptsächlich deswegenoft eine Abneigung gegenüber Alkoholikern. Natürlich kann auch eine EIGENE, wenn auch latente, u. U. verdrängte Suchtproblematik zur Ablehnung des Suchtkranken beitragen. Andererseits kann eine emotionale, u. U. ideologisch bedingte tabuisierende Ablehnung der „Sucht“ zu einer moralisierenden Haltung gegenüber dem Alkoholiker führen, die dann vom Patienten Schuldbekenntnis und Unterwerfung erwartet. Aber auch eine gegenteilige, überdifferenzierende Haltung ist zu beobachten, die durch unangebracht verständnisvolle Toleranz und kumpelhafte Zuwendung gekennzeichnet sein kann.

Der Arzt behilft sich oft damit, dass er sich nur auf das (durch Alkohol) geschädigte Organ konzentriert, obwohl er die Ursache dieser Schädigung, nämlich die Abhängigkeit von Alkohol, kennt. Nach der getrunkenen Alkoholmenge fragt es meist nicht. Manchmal erinnert er den Patienten daran, doch mal seine Leberwerte feststellen zu lassen. Damit es dann oft schon erledigt.
Mit dieser von beiden Seiten vollzogenen Bagatellisierung kommt es zu der von den meisten Alkoholikern erwünschten Alibifunktion der ärztlichen Behandlung.
Unter Umständen gerät der Arzt unversehens in die Rolle des "Gleichgesinnten", der Rolle des "Co-Alkoholikers"., die er dann oft mit den Familienangehörigen und sonstigen Bezugspersonen teilt.

Mit anderen Worten heißt dies, dass aus der besonderen Beziehung zwischen Alkoholkranken und Ärzten vorrangig jene Bedingungen dafür entstehen, dass zwar Organschäden sicher diagnostiziert und auch in der alkoholtoxischen Ätiologie richtig identifiziert werden, dass aber eine sachgerechte Behandlung der Grundkrankheit, nämlich der Alkoholkrankheit selten eingeleitet wird. Dem alkoholkranken Patienten wird dadurch die notwendige Hilfe versagt, auch weil ihm gestattet wird, auf seine Verleugnung der Alkoholkrankheit zu beharren. Daraus resultiert aber letztendlich eine Verschlimmerung der Grundkrankheit
Unter Umständen kann es sich als notwendig erweisen, konfrontativ und kompromisslos zu argumentieren. Dabei sollte der Arzt bei allem Verständnis für die Notlage des Betroffenen und seiner Bezugsperson vermeiden, sich in eine unbewußte Komplizenschaft mit dem Patienten zu begeben.


Zu fordern ist deshalb eine ärztliche Hilfe, die bei dem Patienten zu der Erkenntnis führen muss, dass er es zwar mit einer hilfsbereiten, in Kenntnis der Ätiologie aber therapeutisch kompromisslosen Instanz zu tun hat. Der therapeutische Zugang erfordert vom Arzt ein großen Maß an Sucht–Fachwissen, Geduld Flexibilität und Zeitaufwand.


Auf dieser Basis werden vom Patienten Kontrollfunktion, Terminvereinbarung und die Einhaltung therapeutischer Regeln am ehesten akzeptiert. Sie sollten keine Resignation nach sich ziehen, weder beim Therapeuten noch beim Patienten.

Es ist zu berücksichtigen, dass Rückfälle und mangelnde Mitarbeit der Patienten bei dieser Krankheit sehr häufig sind, andererseits sollten sie aber auch den Arzt veranlassen, über eigene Versäumnisse oder Fehler im Umgang mit Alkoholkranken nachzudenken.

Wenn ein Arzt so häufig rückfällig gewordenen Patienten begegnet, dann bedeutet das nicht unbedingt, dass diese Krankheit eine schlechte Prognose hat. Wie bei anderen Krankheiten mit ähnlichem Verlauf bekommt es der Arzt vorwiegend mit den Patienten mit ungünstigem Verlauf bzw. ungünstiger Prognose zu tun.

Ein besonderes und praktisch sehr wichtiges Problem stellt die Situation dar, dass lediglich Bezugspersonen über den Alkoholmissbrauch des Patienten berichten, der aber selbst nicht bereit ist, sich dem Arzt vorzustellen. Der Arzt sollte solche Informationen sorgfältig, aber auch kritisch registrieren, schon im Hinblick auf eventuelle spätere Konsultationen durch den Betroffenen selbst., die dann vielleicht aus ganz anderem Anlaß erfolgen. Im Übrigen bleibt ihm oft nichts anderes zu tun übrig, als die Bezugspersonen zu beraten und psychologisch zu stützen. Er sollte sich außerdem die Erfahrung der Selbsthilfe– und Angehörigen –Gruppen zu Nutze machen und sie dem Patienten empfehlen.


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